Was ist eigentlich aus dem Häkelhaus geworden?

– Nachnutzung des Häkelprojektes „16 Stationen“ auf dem Gelände des OGV Waldhausen

Unter dem Motto „Der unendliche Garten“ fand vom 10.05. bis 20.10.2019 an 164 Tagen die Remstal Gartenschau 2019 statt. Als verbindendes Element aller Kommunen gab es zunächst die wage Idee, 16 Stationen als Projekte mit herausragenden international bekannten Architekten vom Ursprung bis zur Mündung des Flusses zu verwirklichen. Durch die intensive Zusammenarbeit der Architektinnen und Architekten, der Politik und der Veranstalter in den jeweiligen Kommunen ist dieses einmalige Projekt der Gemeinschaft hervorragend gelungen.

In unserer Stadt wurde das sog. „Luginsland“, ein historisches Gebäude an der südlichen Ringmauer des Klosters mit einem weißen Häkelüberwurf verhüllt. Die benachbarte Klosterkirche, mit ihren Rosettenfenstern und feinen Steinmetzarbeiten, legte den Wunsch nach einer filigranen Struktur des entsprechenden Textils nahe. Diese Arbeit ist 53 Frauen, einem Mann und einem Jungen zu verdanken, die diese Arbeit allesamt ehrenamtlich geleistet haben. Insgesamt wurden ca. 114 Kilometer Nylonschnur in Strick- und Häkeltechnik zu individuellen Werkstücken, jeweils in Form einer bestimmten Ausfachung des historischen Gebäudes „Luginsland“ verarbeitet. Mit dem Häkelhaus präsentierte unsere Stadt Lorch während der Remstal Gartenschau 2019 ein Stück Architektur, welches das Unscheinbare verdeckt und paradoxerweise damit erst den Blick darauf lenkt. Zugleich verband das ehrenamtliche Engagement die unterschiedlichsten Gruppen und Personen ganz persönlich mit der Remstal Gartenschau 2019.Vom Land Baden-Württemberg, vertreten durch den Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, wurde damals ein Gestattungsvertrag über die befristete Inanspruchnahme des Gebäudes „Luginsland“ ausgearbeitet. Nachdem mehrfach versucht wurde, die Gestattung zu verlängern, wurde das Häkelgewand letztendlich am 17.04.2020 abgenommen und ist seither im Bauhof der Stadt Lorch eingelagert. Ursprünglich war eine Weiternutzung der Hülle sowie des für die Ausführung der Häkelarbeit gefertigten 1:1-Dachmodells auf dem Klostergelände vorgesehen. Die Eigentümer des Klosters lehnten einen dauerhaften Verbleib jedoch ab.

In den Sitzungen des Gemeinderats am 28.05.2020 (GR 20/34) 16.07.2020 (GR 20/66) und 26.11.2020 (GR 20/105) setzte sich das Gremium intensiv mit Nachnutzungsoptionen, Versicherungs- und Rahmenbedingungen sowie den Kosten auseinander. Mehrere Gedanken, wie die Aufstellung am Bürgerhaus oder Remsmittelpunkt scheiterten an den Auflagen der Versicherung, die eine hohe Einzäunung des Objekts verlangten, da diese ein hohes Potential für Vandalismus sahen und daher auch nur einen befristeten Versicherungsschutz bis zu einem erstmaligen Versicherungsfall in Aussicht stellten. Letztendlich wurde in der Sitzung am 26.11.2020 der Beschluss gefasst, dass Vertreter des Gemeinderats zusammen mit dem OGV Waldhausen eine Lösungsmöglichkeit zur Aufstellung des Häkelhauses im dortigen eingezäunten Bereich suchen. Durch die Einzäunung kann den Auflagen entsprochen werden. Ein Zuschuss von 25.000 Euro wurde in Aussicht gestellt. 

Ausgehend von dem gefassten Beschluss machte sich eine Projektgruppe intensive Gedanken zur Nachnutzung sowie Pflege, Kosten und Absicherung. Daraus bildete sich der Arbeitskreis “Neues Luginsland“, der den Architekten Dionys Ottl (damaliger Architekt) sowie die Stadtverwaltung am Prozess beteiligte und mit dem Bereich der sogenannten Festwiese auf dem Obstgelände in Lorch-Waldhausen einen mögliche Standort gefunden hat. Dieser Platz eignet sich im Besonderen deshalb, weil er vom Tal gut eingesehen werden kann und keine Obstbäume entfernt werden müssen. Die Anbringung einer Trockenmauer unterhalb der Festwiese zur Schaffung eines weiteren Lebensraums für Insekten und Kleintiere ist zudem denkbar. Der angedachte Platz ist von Richtung Aalen kommend ab Höhe Weitmars und aus Richtung Stuttgart kommend ab Plüderhausen gut einsehbar, so dass der architektonische Gedanke weithin sichtbar bleibt. Der gehäkelte Überhang soll auf den ertüchtigten Dummy, der aktuell im Bauhof lagert, aufgebracht werden. Darunter soll eine windgeschützte Räumlichkeit entstehen.

Bei den Mitgliedern des Obst- und Gartenbauvereins Waldhausen e.V. hat sich zwischenzeitlich der Name „Obst- und Weinbauzentrum am Remsmittelpunkt“ etabliert. Dieser Name soll auch Teil der stattfindenden Nutzung des „neues Luginsland“ sein. Bedingt durch die Tatsache, dass sich der Weinbau im Remstal weiter nach Osten vorwagt, gibt es hier einiges an Schulungsbedarf für „Hobbywinzer“, der dort in entsprechenden Seminaren abgedeckt werden soll. Außerdem eignet sich der Standort auch um vorbereitende theoretische Kurse, wie Schnitt- oder Veredelungskurse, rund um dem Streuobstanbau, die anschließend auch praktisch in der bestehenden Obstanlage fortgeführt werden kann, durchzuführen. Architekt Dionys Ottl begrüßt diesen Standort. Für ihn spielen der nun vorgeschlagene Ort und die vorgesehene Nutzung des vielbeachteten Lorcher Häkelhauses in idealerweise mit dem Ursprüungskonzept zusammen und vervollständigen es zu einer Gesamtheit.

Das vom Gemeinderat geforderte Nachnutzungskonzept bei einem maximalen Zuschuss in Höhe von 25.000 Euro wurde erarbeitet. Die Realisierung wird seitens des Obst- und Gartenbauvereins Waldhausen e.V. in Aussicht gestellt. Regelmäßige Sichtkontrollen, laufende Unterhaltungen sowie ein intakte Zaunanlage (Forderung der Versicherung) werden seitens des Vereins gewährleistet. Der Verein ermöglicht mindestens sechs Mal im Jahr einen kostenfreien Zugang für touristische Besichtigungen. Für die Aufstellung des Häkelhauses in Bezug auf o.g. Ausführungen erhält der Verein einen einmaligen und pauschalen Zuschuss in Höhe von 25.000 Euro als Unterstützung durch die Stadt Lorch. Die Stadt Lorch bringt ein Hinweisschild mit Informationen zum Häkelhaus im Bereich des neuen Standorts für touristische Besucher an.